Zwischen-den-Jahren-Interviews V: Kat Leyh – "Snapdragon"

Zwischen-den-Jahren-Interviews V: Kat Leyh – "Snapdragon"

Die amerikanische Comickünstlerin Kat Leyh erzählt im Gespräch mit uns von ihrem Kindercomic "Snapdragon", dem Anderssein und warum diverse Themen in Geschichten für Kinder so wichtig sind.

Liebe Kat, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, mit uns über dein neues Buch "Snapdragon" zu reden, das gerade auf Deutsch erschienen ist. Könntest du uns anfangs ein bisschen über deine ersten Schritte in der Comicbranche erzählen? Wie bist du erstmals mit Comics in Berührung gekommen, und wann hast du entschieden, selbst professionell Comics zu zeichnen?

Kat: Als Kind habe ich keine Comics gelesen. Ich hatte keinen Zugang zu ihnen, also habe ich ziemlich spät angefangen Webcomics und Mangas in der Highschool zu lesen. Ich habe schon immer gerne gezeichnet und Geschichten erzählt, aber es hat eine Weile gedauert, bis ich das Selbstvertrauen hatte, meine eigenen zu schreiben. An der Uni habe ich Illustration studiert und während ich versuchte, einen Job als Illustratorin zu bekommen, zeichnete ich ein paar kurze Comics und veröffentlichte sie im Internet. Das führte schließlich zu einem Mikroverlag und meinem ersten Redakteur, der mir bezahlte Arbeit anbot. Von da an ging es Schlag auf Schlag!

Du bist unter anderem für deine Mitarbeit an der erfolgreichen Comicserie "Lumberjanes" und für deinen eigenen Superhelden-Webcomic "Supercakes" bekannt. Könntest du uns zunächst ein wenig über die Arbeit an diesen Projekten erzählen? Inwieweit haben sie "Snapdragon" beeinflusst?

Kat: Ich genieße es einfach, die Art von Geschichten zu erzählen, die ich gerne lese. Alles mit etwas Magie, Humor, Action, queerness – ich denke, alles was ich geschrieben habe, hatte diese Elemente in unterschiedlichem Maße.

Genauer gesagt: Die meisten meiner Geschichten beginnen damit, dass ich mir eine bestimmte Szene oder Interaktion vorstelle. Von da an setzt sich alles wie ein Puzzle zusammen.

"Snapdragon" ist ein magisch-realistischer Comic mit wunderbar sympathischen Charakteren. Was hat dich dazu inspiriert, diese Geschichte zu zeichnen? Kannst du uns den Entstehungsprozess beschreiben?

Kat: Ich erinnere mich, dass mir die Figur Jacks zuerst einfiel. Ich war zu Besuch bei meinen Eltern auf dem Land und sah immer wieder überfahrene Tiere am Straßenrand und hab es gehasst. Ich habe mir eine alte, seltsame Frau vorgestellt, die gekommen ist, nachdem ich weg war, sie aufgesammelt und sich um sie gekümmert hat. Dann habe ich mir vorgestellt, dass sie ein kleines, raues, jungenhaftes Mädchen als Lehrling hat – die Figur, die ich sein wollte.

Könntest du uns ein bisschen über die titelgebende Protagonistin Snapdragon erzählen? Welche Aspekte von Snapdragons Persönlichkeit sind dir zuerst eingefallen? Wie würdest du sie und ihren Handlungsbogen beschreiben?

Kat: Anfangs definitiv ein Kind mit aufgeschürften Knien und einem Interesse an Knochen, Käfern und solchen Dingen. Nach außen hin vielleicht ein bisschen grob und unsozial, aber mit so einem großen Herz, das einfach nur seine Leute finden musste. Das ist es, was die meisten seltsamen Kinder brauchen. Ich muss es wissen!

Du zeichnest Kinderbücher mit großartigen Botschaften für junge LeserInnen, wie beispielsweise man selbst zu sein, auch wenn man von anderen als seltsam wahrgenommen wird. Wie wichtig findest du es, Kindern solche Themen zu vermitteln? (Was bedeutet es für dich, anders zu sein? Würden du dich sich selbst als jemanden bezeichnen, der anders ist?)

Kat: Ich habe mich sicherlich für ein seltsames Kind gehalten, und darauf war ich sehr stolz. Ich wollte interessant und anders sein. Weil meine Familie so oft umgezogen ist, musste ich schnell auffallen, um Freunde zu finden. Zumindest sehe ich das heute so.

"Snapdragon" bricht mit stereotypischen Geschlechterrollen. Wie wichtig ist dieser Aspekt deiner Meinung nach in fiktiven Geschichten, insbesondere in Kinderbüchern? Und woher – würdest du sagen – nehmen deine Figuren die Kraft, ihren eigenen Weg zu gehen?

Kat: Wie viele andere queere Autoren schreiben für unser jüngeres Ich. Über Charaktere, die wir gerne gesehen hätten, als wir jung waren und vielleicht Probleme hatten. Jeder verdient es zu wissen, dass er nicht allein ist und je früher Kinder das lernen, umso besser!

Anknüpfend an dieses Thema: Young-Adult-Comics, vor allem solche, die sich mit Gender-Themen befassen, stehen im Fokus von Kreuzzügen rechter Politiker und Aktivisten in den USA. Das ist nichts Neues – ich erinnere mich, dass "Ein Sommer am See" von den Tamakis vor zehn Jahren ins Visier genommen und aus Bibliotheken verbannt wurde – aber die Angriffe und der allgemeine Anti-Trans*/Anti-LGBTQ-Diskurs scheinen sich in den letzten Jahren verschärft zu haben (Maia Kobabes "Gender Queer" ist ein Paradebeispiel). Wie hast du als Künstlerin diese Entwicklungen erlebt? Und was können Künstler in der Jugend-/Comic-Branche tun, um sich gegen diese Bigotterie zu wehren?

Kat: Es gibt mehr Bücher und Geschichten von diversen Autoren als je zuvor! Und obwohl wir noch einen langen Weg vor uns haben, bin ich glücklich, in einer Zeit wie dieser Bücher zu machen. Es ist klar, dass diese Autoren und Figuren nirgendwo hingehen werden, und – ich wünschte, es wäre nicht der Fall – diese Art von bigotter, kindischer Gegenreaktion ist eine ziemlich typische Nebenwirkung des Fortschritts.

Ich denke, eines der besten Dinge die man als durchschnittliche Person tun kann, ist, sich für seine lokale Community einzusetzen. Unterstützt eure örtlichen Bibliotheken. Engagiert euch ehrenamtlich. Schaut, was ihr in eurer Umgebung Positives bewirken könnt. Wenn das große Ganze zu überwältigend wird, konzentriert euch auf die kleinen Dinge.

Du hast einen selbstbewussten, ausdrucksstarken und farbenfrohen visuellen Stil. Wie hast du deinen Stil im Laufe der Jahre entwickelt? Welche Aspekte sind für dich bei der Auswahl einer Farbpalette für deine Geschichten wichtig?

Kat: Wie viele junge Künstler, die versuchen ihren Stil zu finden, eiferte ich Künstlern nach, die ich bewunderte und versuchte auf frustrierende Weise einen Kunststil zu entwickeln, der sich wie mein eigener anfühlt. Das geschah allmählich, bis ich eines Tages meine Kunst betrachten und sie als meine eigene erkennen konnte.

Und zum Schluss: Wenn du dir eine magische Fähigkeit aussuchen könntest, welche wäre es?

Kat: Auf diese Frage sage ich immer Gestaltwandeln und das ist für mich nach wie vor die coolste Superkraft!