Wiebke Bolduan über ihren Comic "Viktoria Aal"

Wiebke Bolduan über ihren Comic "Viktoria Aal"

Im Frühjahr 2024 soll mit "Viktoria Aal" ein erster Comic der Zeichnerin Wiebke Bolduan bei Reprodukt veröffentlicht werden. Wie Noëlle Kröger und Ika Sperling ist auch Wiebke Bolduan Studentin an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Liebe Wiebke, danke, dass du dir die Zeit nimmst für unser Gespräch. Dein erster Comic war "Warnebi" und nun folgt die erste Graphic Novel. Was hat Dich dazu bewogen, Comics zu machen?

Geschichtenerfinden und diese Geschichten dann zu zeichnen begleitet mich eigentlich schon immer. Früher – als Kind und als Jugendliche – war Comiczeichnen ein wichtiger Rückzugsort für mich. Ich konnte mich in meine Fantasie zurückziehen. Und das ist auch heute noch so. Mittlerweile sehe ich aber auch genauso den Reiz darin, in meinen Comicgeschichten Gedanken und Fragen zum Ausdruck zu bringen, die mich beschäftigen und die ich mit anderen teilen möchte. Ich glaube, ich mache Comics, weil sie mir Halt geben.

Thematisch tauchen wir mit "Viktoria Aal" in die Meereswelt ein. Was fasziniert dich an diesem Motiv?


Mein vorheriger Comic "Warnebi" war ja auch schon maritim verortet. Das wollte ich mit "Viktoria Aal" gern fortsetzen, weil das Meer für mich einfach ein Ort ist, an den ich mich gern denke. Für mich hat das Meer als Motiv auch direkt etwas Fantastisches. Und verleitet zu Kitsch. Mit beidem spiele ich sehr gern.

Meerjungfrauen sind mit vielen Klischees und Stigmatisierungen belegt. Spielen diese für Dich und deinen Comic eine Rolle?

Zwar wollte ich mit dem Comic die Meerjungfrau nicht neu erfinden oder gänzlich umdenken, aber ich habe mich in der Geschichte bewusst für zwei bestimmte Blickwinkel auf sie entschieden.

Der Comic betrachtet die Meerjungfrau einerseits als popkulturellen Trend, ähnlich wie das Einhorn in den letzten Jahren sehr beliebt war: Als spaßige, schillernde Feelgood-Figur. Andererseits soll die Meerjungfrau in dem Comic auch als das, was sie in ihrer simpelsten Definition ist, zu sehen sein: Als ein fantastisches Wasserwesen.

Du erzählst in "Viktoria Aal" eine fantastische Geschichte und zugleich finden sich Parallelen zu Dir als werdende Autor*in. In welchem Bezug stehen diese beiden Seiten zueinander?

Als Autorin halte ich mich sehr viel in meiner Fantasie auf. Das hab ich immer schon. Nur früher hab ich die Geschichten, die ich mir ausgedacht hab, einfach für mich behalten. Jetzt mache ich das, was ich mir ausdenke und was mich beschäftigt, aber auch öffentlich und teile es mit. Das fühlt sich immer sehr unterschiedlich an: Unheimlich, aufregend, gut, peinlich, reinigend, zu viel, zu wenig. Egal wie fantastisch ich eine Geschichte erzähle, es steckt sehr, sehr viel Persönliches drin und das ist auch genau richtig so. Aber eben auch sehr herausfordernd für eine Person, die oft hadert mit ihrem Innenleben und dem, was sie davon nach außen trägt und wie sie das tut. Ich wollte dieses Spannungsfeld in der Geschichte verarbeiten, weil es das ist, was mich gerade sehr umtreibt und ich mir auch vorstelle, dass ich nicht die einzige bin, der es so geht.

"Viktoria Aal" ist deine erste Graphic Novel, die bei einem Verlag veröffentlicht wird. Hast du schon eine Idee für deinen nächsten Comic?

Ich sammle auf jeden Fall schon Ideenschnipsel. Die Sammlung wächst jetzt einfach erstmal eine Weile und dann irgendwann schaue ich, was davon passt und welche Schnipsel ich wie zusammenfügen könnte.

Wiebke, du verfolgt ja auch seit Jahren die Arbeiten von Noëlle und Ika. Was findest du an ihren Projekten spannend? Welchen Einfluss hatte der gemeinsame Austausch mit ihnen auf dein eigenes Buch?

Noëlles und Ikas Arbeiten sind sehr ausdrucksstark, authentisch, einfühlsam und clever. Beide verarbeiten in ihren Comics große, bisweilen auch sehr schwere Themen, welche die Geschichten aber in keinster Weise erdrücken und das finde ich unglaublich beeindruckend und mutig. Wir haben uns alle drei ja im Studium kennengelernt und ich weiß einfach, dass die beiden nicht nur meine Arbeiten, sondern auch mich verstehen. Für die Arbeit an meinem Buch hat mir dieses Vertrauen immer viel geholfen - abgesehen natürlich auch von konkretem Feedback, dass wir einander geben konnten.

Wiebke Bolduan 2023
© Wiebke Bolduan